Xylit-Kaugummi

Interview mit Dr. Thomas Bischof; Leiter der Zahnprophylaxe Vorarlberg

BLÄTTLE: Herr Dr. Bischof, immer häufiger fällt das Wort „Kaugummi“ auch im Zusammenhang mit Zahngesundheit. Wie gesund ist Kaugummikauen für unsere Zähne wirklich?

Dr. Thomas Bischof: Das Kaugummikauen gewinnt immer mehr an Bedeutung, da es eine sehr einfache, überall und jederzeit anwendbare und auch kinderfreundliche Art der Zahnpflege ist.

BLÄTTLE: Kann ein Kaugummi also tatsächlich die Zahnbürste ersetzen?

Dr. Thomas Bischof: Kaugummi kann das Zähneputzen niemals ersetzen, aber sehr wirkungsvoll ergänzen.

BLÄTTLE: Können Sie mir das etwas genauer erklären?

Dr. Thomas Bischof: Wird der Kaugummi etwa 30 Minuten gekaut, so werden die Zähne von Bakterienbelägen, aber vor allem auch von Speiseresten gereinigt, gleichzeitig wird der Speichelfluss angeregt, so dass die von den Bakterien gebildeten Säuren neutralisiert werden. Xylithältige Kaugummis bewirken außerdem, dass Zucker von Bakterien gar nicht mehr in Säure umgewandelt werden kann.

BLÄTTLE: Es spielt also eine Rolle, welchen Kaugummi ich kaue?

Dr. Thomas Bischof: Grundsätzlich sind zuckerfreie Produkte zu bevorzugen, besonders empfehlenswert sind Xylit-Kaugummis.

BLÄTTLE: Was ist eigentlich „Xylit“?

Dr. Thomas Bischof: Xylit ist ein Zuckeralkohol, der in der Natur (Grünpflanzen) und im menschlichen Stoffwechsel als Zwischenprodukt vorkommt. In der Medizin wird Xylit zur künstlichen Ernährung eingesetzt und ist ideal für Diabetiker. Die Süßkraft von Xylit ist gleich der von Zucker.
Der wichtigste und einzigartige Punkt ist jedoch, dass Xylit sich als äußerst wirksam in der Reduktion von Karies erwies. Wenn kleine aber ausreichende Mengen Xylit regelmäßig konsumiert werden, soll eine Kariesreduktion von 35-100% erzielt werden können.

BLÄTTLE: Gibt es Studien, die das beweisen?

Dr. Thomas Bischof: Berühmt geworden sind die „Turku Zuckerstudien“, die zusammengefasst zu folgendem Ergebnis kamen:
regelmäßiger Konsum von Xylit führte nach 2 Jahren zu 90% weniger Karieszuwachs, zu 50% weniger Plaque und zu signifikant weniger Mutans Streptokokken, das sind jene Bakterien, die Karies verursachen.

BLÄTTLE: Was bedeutet „regelmäßiger Konsum“?

Dr. Thomas Bischof: Bei den bekannten Studien lag die Empfehlung bei 5-10g Xylit pro Tag, das heißt, die Versuchspersonen kauten 3x täglich 2 Kaugummis, die 100% mit Xylit gesüßt waren.

BLÄTTLE: Das ist für Kinder doch eine ganz ordentliche Menge.

Dr. Thomas Bischof: Die Zahnprophylaxe Vorarlberg startete deshalb vor kurzem eine Studie zur Überprüfung der Reduktion von Karies durch einmal tägliches Kauen eines Xylit-Kaugummis nach der Schuljause.

BLÄTTLE: Was genau überprüft diese Studie?

Dr. Thomas Bischof: Durch die Studie soll überprüft werden, ob das regelmäßige, einmal tägliche Kauen von Kaugummi, direkt nach einer Jause, die Karies bei Kindern, die von Grund auf schon eine geringe Kariesrate haben, weiter verringern kann.

BLÄTTLE: Erzählen Sie mir mehr von der Studie. Wie läuft sie ab?

Dr. Thomas Bischof: Ab dem Schuljahr 2007/08 verwenden 105 Kinder in den 1. und 2. Klassen (im Schuljahr 2008/09 die 2. und 3. Klassen, im Schuljahr 2009/10 die 3. und 4. Klassen) einer Volksschule nach der Jause, während der Unterrichtszeit Xylit-Kaugummi. Die Kinder kauen den Kaugummi täglich, eine Unterrichtsstunde lang, nach der großen Pause, in der sie meist eine Jause zu sich nehmen.

BLÄTTLE: Und wie wird kontrolliert?

Dr. Thomas Bischof: Die Kontrolle der Studie erfolgt über zwei weiter etwa gleich große Kontrollgruppen mit Kindern aus etwa gleich großen Schulen und möglichst gleichem sozialen und geographischen Umfeld. Eine dieser Kontrollgruppen lutscht täglich nach der Jause ein Xylit-Bonbon. Die zweite Kontrollgruppe, die weder Kaugummi noch Bonbon regelmäßig in der Schule verwendet, wird nur parallel zu den beiden anderen Gruppen untersucht.

BLÄTTLE: Sie sprechen von einer Untersuchung. Was wird hier untersucht?

Dr. Thomas Bischof: Bei jährlichen zahnärztlichen Untersuchungen im Dentomobil werden alle Schüler der 3 Gruppen auf Karies untersucht. Die Ergebnisse der Untersuchungen werden an der Uni Innsbruck wissenschaftlich ausgewertet und veröffentlicht.

BLÄTTLE: Und wie halten Sie es mit dem Kaugummikauen?

Dr. Thomas Bischof: Wie Sie sehen bin ich ein begeisterter Kaugummikauer.